plan b: Richtig radeln
Radfahren (D 2024)
Breite Straßen nur für Autos, Radwege, die im Nichts enden. Lange Zeit war Deutschland alles andere als ein Fahrradparadies. Doch immer mehr Städte und Gemeinden setzen auf das Rad. Schnell und sicher durch die Stadt: Dafür brauchen Radfahrende eigene Routen und sichere Stellplätze. Tübingen in Baden-Württemberg fährt voraus und holt sich neue Ideen aus den Niederlanden. "Wir wollten mehr als einen Flickenteppich, wo nur stellenweise Radstreifen aufgemalt werden", sagt Tübingens Stadtplanerin Dr. Katrin Korth. Sie hat in der schwäbischen Stadt mehrere Großprojekte für Radfahrende umgesetzt. Die Tiefgarage der neuen Radstation direkt am Bahnhof bietet 1100 überwiegend kostenlose Stellplätze, eine Radwerkstatt und eine Waschstation. Außerdem hat Tübingen in drei neue Radbrücken investiert, die bei Frost beheizt werden, um Glätteunfälle zu vermeiden. Sie sind Teil des "Blauen Bands", einem Netz aus vier Meter breiten, blau bemalten Radwegen, die sich quer durch die Stadt ziehen. In Deutschland werden elf Prozent aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Bei unseren niederländischen Nachbarn sind es 25 Prozent – also mehr als doppelt so viele. Utrecht wurde gar zur fahrradfreundlichsten Stadt der Welt gekürt. Spezielle Ampelschaltungen, eigene Abbiegespuren für Fahrräder – und das Auto ist meist nur zu Gast auf den Straßen. "Das Rad ist hier das Hauptverkehrsmittel. Und deshalb investieren wir alle Einnahmen aus dem Autoparken in Fahrrad-Infrastruktur", sagt der Utrechter Verkehrsplaner Herbert Tiemens. Dazu gehört das größte Rad-Parkhaus der Welt, mit Platz für 12.500 Fahrräder, das immer voll ist. Kein Wunder in einer Stadt, in der Radfahren auch bei Regen selbstverständlich ist. Berufstätige und Schulkinder pendeln nicht selten fünf oder zehn Kilometer in benachbarte Orte – auf perfekt ausgebauten Fernradwegen. Durchs Fahrradfahren lassen sich viele Emissionen in der Luft vermeiden. Doch wie klima- und umweltfreundlich ist die Herstellung von Fahrrädern und E-Bikes? Rahmen aus Aluminium, Stahl oder Carbon werden sehr energieintensiv produziert und meist aus Fernost importiert. Auch Lithium-Ionen-Akkus haben eine schlechte Umweltbilanz. Hier setzen junge französische Unternehmen an: Der ehemalige Rennradfahrer Félix Hébert stellt seit 2014 Fahrradrahmen her, die aus Bambus und Pflanzenfasern bestehen. Mittlerweile verkauft er auch E-Bikes. In Lyon repariert die Firma Doctibike defekte Akkus, anstatt sie wegzuwerfen. Auch das Pariser Start-up Upway hat aus dem Upcycling von E-Bikes ein Geschäftsmodell gemacht. Die gebrauchten Räder mit den reparierten Akkus werden sogar in Deutschland verkauft.